Der Jagdfunktionär Dr. Roman Auer
Jagdfunktionär zu sein, ist eine große Verantwortung für die Zukunft des Weidwerks
Jagdfunktionär zu sein, ist eine große Verantwortung für die Zukunft des Weidwerks
Vielschichtig und differenziert wie die Charaktere der Menschen selbst sind die Assoziationen der Einzelnen mit der Jagd.Im Zentrum dieser unterschiedlichen Ansichten, Interessen und Meinungen befindet sich der jagdliche Funktionär, betraut mit der Aufgabe zu analysieren, zu vernetzen, Extrempositionen aller Art mit Geduld und Sensibilität zu entschärfen sowie die Öffentlichkeit mit sachlich kritischer Information zu versorgen.
Ein Höchstmaß an mentaler und physischer Anstrengung verlangt zweifelsfrei die Auseinandersetzung mit den exponierten Positionen rund um das Weidwerk. Dazu gehören einerseits militante Jagdgegner – oft mit wenig Hintergrundwissen, polarisierend, polemisierend und emotional agierend. Engstirnige Denkansätze, fokussiert statt globalisiert, kurzfristig statt nachhaltig, gepaart mit fehlenderEinsicht, lassen Gespräche und Diskussionen zur Herausforderung werden. Ähnlich problematisch verhalten sich die vermeintlich „gestandenen“ Jäger, die es nicht wahrhaben wollen, dass sich auch die Jagd in all ihren Ausformungen parallel und adäquat zur Weiterentwicklung der Gesellschaft verändern muss, will sie nicht von der Zeit eingeholt bzw. überholt werden. Dieser Personenkreis zeichnet sich aus durch eine fehlende Bereitschaft, sich den neuen Ansprüchen einer stetig wachsenden Zahl an Naturnutzern zu stellen, durch eine völlig antiquierte Definition von Hege sowie durch das Ablehnen einer modernen Positionierung der Jagd in der Öffentlichkeit. In der Folge entstehen durch dieses unflexible und unbelehrbare Verhalteneinzelner viele unnötige Probleme, die das gesamte Weidwerk in Misskredit bringen.
Das Hauptbetätigungsfeld für Jagdfunktionäre bildet die Begriffskombination Lebensraum, Wildtier und Wirtschaft. Auf exakt diesen Zusammenhang zwischen Ökologie und Ökonomie fokussiert das oberösterreichische Landesjagdgesetz. Der §3 (2) vereint die wichtigsten Aufgaben einer modernen Jagdausübung,indem er sinngemäß vorgibt, dass unter Jagd „weidgerechte Maßnahmen zur Entwicklung und Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildstandes unter der Berücksichtigung der Landeskultur“ zu verstehen sind. Damit werden den Jägern zum einen Regeln und Grenzen vorgegeben, gleichzeitig aber auch eine Richtung für die Gestaltung eines Leitbildes. Ein solches zu konstruieren, an die Erscheinungen der Zeit zu adaptieren, vor allem aber den Jägerinnen und Jägern zu transportieren und kommunizieren fällt letztendlich in den Kompetenzbereich des Jagdfunktionärs. Ziel der Anstrengungen ist es, unter Einbindung aller beteiligten Interessensgruppierungen wirtschaftlich als auch ökologisch akzeptable nachhaltige Lösungen zu finden.Neben den wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten rund um die Jagd gesellt sich zunehmend die Beeinflussung der Wildlebensräume durch Freizeit-Naturnutzer. Immer mehr Menschen haben immer mehr freie Zeit zur Verfügung, die sie für verschiedenste Outdoor- Aktivitäten nutzen. Der Bogen spannt sich vom traditionellen Wanderer oder Pilzesammler über den Mountainbiker oder Jogger bis hin zum Extremsportler, der mit dem Gleitschirm oder den Freestyle-Schiern die Lebensräume der Wildtiere in besonderem Maße belastet. Die Massen an Waldbesuchern müssen zum Schutz der Wildtiere und deren Lebensraum kanalisiert werden. Hierbei sind Kommunikationsfähigkeit, Weitblick und Sensibilität gefragt, stehen doch stark konträre Interessen gegenüber. Der jagdliche Funktionär sieht sich mit der schwierigen Aufgabe betraut, die diversen Standpunkte zu analysieren und vor dem Hintergrund des Schutzes der Wildtiere und deren Lebensraum einen Kompromiss zu finden, der für sämtliche Beteiligte nachvollziehbar zu vertreten ist.Die wenigsten Naturnutzer stören Wild bewusst oder in böser Absicht. Zumeist ist ein Informationsdefizit der Grund. Die weitreichenden Folgen der ungewollten Einflussnahme auf die Biotope der Wildtiere sind vielfach unbekannt. Dass eine winterliche Skitour über viele Zwischenstufen zu wirtschaftlichen Schäden am Wald führen kann, ist dem einzelnen in den seltensten Fällen geläufig. Gezielte öffentliche Aufklärung und Information zum bewussten Verhalten im „Wohnzimmer“ der Wildtiere ist daher unabdingbar und verlangt viel Kreativität.
Neben der essentiellen Öffentlichkeitsarbeit findet sich der Jagdfunktionär auch intern in zahlreichen Aufgabenbereichen. Dazu gehört unter anderem die Ausbildung der Jungjäger. Im Laufe der Zeit hat sich das Bild der Jagd grundlegend verändert. Bestanden früher die Aufgaben des Jägers darin, Nahrung zu beschaffen,besteht sie heute darin als Maschinist eines funktionierenden Wald-Wild-Wirtschaft-Systems zu fungieren. Wildbret als Grundnahrungsmittel hat an Bedeutung verloren, vielmehr ist es zum Luxusgut einer qualitativ hochwertigen Ernährung geworden. In den Anfängen der Jagd kämpfte der Jäger gegen das Wild, heute kämpft er für das Wild und seinen Lebensraum. Diese modernen Visionen der Jagd sind einer jungen Generation von Weidmännern und neuerdings auch steigenden Zahl von Weidfrauenzu vermitteln. Große Bedeutung hat dabei, dass diese Werte nicht nur verbal kommuniziert, sondern vorgelebt vermittelt werden müssen. Hierbei entfällt auf die Jagdfunktionäre eine Vorbildwirkung, die nicht außer Acht gelassen werden darf.Die Anwärter zur Jungjägerprüfung von heute sind diejenigen Personen, welche die Jagd in die Zukunft führen werden. An ihnen bzw. ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit wird man messen, ob das Weidwerk eine Zukunft haben wird.
Zukunftsvisionen für die Jagd zu zeichnen ist so schwierig wie eine Langzeitwetterprognose. Letztendlich entscheidet die Arbeit der derzeitigen Vertreter in den diversen Gremien über die zukünftige Stellung der Jagd in der Gesellschaft. Jagd ist eine gesetzlich verankerte Institution zur Erhaltung eines artenreichen Wildbestandes in einer wirtschaftlich genutzten Kulturlandschaft. Gelingt es dieses Leitbild den Menschen im Land durch ehrliche sachliche Argumentation und vorgelebte Überzeugung zu vermitteln, wird Jagd auch einen Fortbestand haben. In diesem Sinne ist das Amt des Jagdfunktionärs eine große Verantwortung für die Zukunft des Weidwerks und allen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Bleibt zu hoffen, dass es gelingen möge, die Bedeutung der Jagd für Kultur, Natur und Umwelt unseres Landes plausibel zu vermitteln.
Dr. Roman Auer
Öffentlichkeitsausschuss der Bezirksgruppe Vöcklabruck