Die richtige Waffenpflege darf nicht vernachlässigt werden
Ein Leitfaden zur Pflege von Jagdwaffen damit Zuverlässigkeit, Treffsicherheit und Wert erhalten bleiben - Artikel von BJM BAURAT h.c. DI DR. Ulf Krückl
Wozu Waffenpflege?
Diese Frage hat für den einzelnen Eigentümer einer Waffe eine unterschiedliche Bedeutung.
Der eine gibt viel erspartes Geld für eine möglichst hochwertige Waffe, angefertigt nach seinen Bedürfnissen und Vorstellung aus, der andere will nur ein Werkzeug um an der Jagdausübung teilhaben zu können.
Verständlich ist, dass diese Personen mit unterschiedlicher Einstellung an die „Zustandserhaltung“ ihrer Waffe herangehen.
Sicher ist, dass auch die als „Werkzeug“ betrachtete Waffe ein Minimum an Pflege bedarf, wenn sie nicht ihrer Zuverlässigkeit, Treffsicherheit und ihres Wertes schnell verlustig gehen soll.
Manche Aussagen selbst von einzelnen Büchsenmacher (die sich bei näherer Hinterfragung von Ausbildung und Spezialkenntnissen oft nur als Waffenhändler herausstellen) zu einer Nichtnotwendigkeit „des Laufputzens“ sind manchmal erschütternd.
Ohne Waffenpflege hätten Jagdwaffen, die man auf Grund ihrer Qualität, Liebe zum Detail oder ihrem geschichtlichen Lebenslauf als Kulturgut betrachten muss, nicht überlebt.
Welchen Einfluss hat die Laufreinigung auf die Präzision?
Jeder abgegebene Schuss hinterlässt im Lauf Ablagerungen von Material des Geschoßmantels (meist Tombak, beim Schrotgewehr Blei) die sich an der inneren Laufwandung absetzen.
Nach einer Reihe von abgegebenen Schüssen – die Anzahl hängt von der Laufbeschaffenheit, der Geschoßgeschwindigkeit, dem Material des Geschoßmantels aber auch vom verwendeten Treibladungspulver ab – werden die Kanten von Feldern/Zügen verschmiert, das Kaliber verengt, der Übergangskegel durch Ablagerungen beeinflusst usw.
Die heute in Verwendung befindlichen rauchlosen Treibladungspulver (einbasiges Nitrozellulosepulver, mehrbasiges Nitroglycerinpulver) und Zündsätze enthalten in der Regel keine korrosionsfördernden Stoffe mehr – die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die Pulverablagerungen im Lauf hygroskopisch (wasseraufnehmend) sind und daher eine Korrosion des Laufes begünstigen.
Läufe aus NIROSTA – Stählen (Stainless), sind zwar wesentlich weniger korrosionsanfällig aber keinesfalls „rostfrei“. Als Zwischenstufe zwischen den normalen Kohlenstoffstählen für Gewehrläufe und den Stainlessläufen sind z.B. die rostträgeren BÖHLER-ANTINIT-Läufe bekannt.
Die reinen Geschoßablagerungen sind bei diesen beispielhaft genannten rostträgen Gewehrläufen mindestens genauso groß wie bei den sonstigen Läufen.
Ablagerungen an der Laufinnenwand beeinflussen
- den Widerstand, mit dem das Geschoß durch die Züge und Felder getrieben wird und damit auch den Gasdruckverlauf bei der Schussabgabe
- die bei gezogenen Kugelläufen immer vorhandenen Torsionsschwingungen während das Geschoß den Lauf durchläuft
- und damit auch den Mündungsabgangswinkel (letzteres erklärt, warum bei Schüssen, die aus demselben Gewehr unter gleichen Bedingungen abgegeben werden, eine Munition mit leichterem und schnellerem Geschoß auch Treffpunktlagen aufweisen kann, die tiefer als jene eines schwereren langsameren Geschoßes sind, obwohl ersteres eine viel flachere Flugbahn aufweist).
Verständlich, dass bei nicht gereinigten Läufen nach einer gewissen Anzahl abgegebener Schüsse die Präzision sich zunehmend verschlechtert.
Vielfach unbeachtet ist auch der Umstand, dass sich durch den zunehmenden Widerstand der Kugel beim Durchlaufen des Laufes der Gasdruck erhöht und die Waffe mehr beansprucht. (Anlässlich eines Wettbewerbes habe ich miterlebt, wie bei einem Repetiergewehr nach einer 2-tägigen Verwendung als Wettkampfwaffe ohne Zwischenreinigung hintereinander 2 Zündhütchenausbläser aufgetreten sind, sodass die Waffe bis zur sauberen Laufreinigung aus dem Verkehr gezogen werden musste).
Wie wird die richtige Laufreinigung ausgeführt?
Ich führe hier nur eigene Erfahrungen und Vorlieben bei der Durchführung an. Das heißt, dass man es nicht auch anders oder besser machen kann, soferne man die später angeführten lauftötenden Maßnahmen unterlässt.
Eine Notwendigkeit ist, dass man sich wohlüberlegt das richtige Werkzeug und Reinigungsmaterial besorgt.
- Putzstock mit Kunststoffbeschichtung und kugelgelagertem Griff (ersteres um eine Beschädigung im Laufinneren an Zügen, Übergangskegel usw. zu vermeiden, letzteres damit sich das am Putzstock angebrachte Reinigungswerkszeug entsprechend dem Laufdrall drehen kann). Die Schaftstärke des Putzstockes sollte dem Kaliber angepasst sein, damit sich zu dünne Putzstücke nicht in einem größerkalibrigen Lauf verbiegen.In der Regel findet ein heimischer Jäger mit drei Putzstöcken das Auslangen:
- für Kaliber 5,6 bis 6,5 mm
- ab Kaliber 7 mm
- Flintenputzstock für Kal. 20 – 12 (dieser benötigt kein Kugellager am Griff, da der Flintenlauf keine Züge aufweist).
- Halter für Seidenwerg, Seidenwerg (zusätzlich eventuell andere moderne Reinigungsmedien wie VFG – Laufreiniger = kaliberangepasste Filzpfropfen)
- Zur Laufinnenreinigung verwende ich ausschließlich Ballistol, weil sich dieses rückstandslos entfernen lässt.
- Weiche ölundurchlässige Unterlagen zur Schonung von Gewehr und Tischplatte, oder besser, eine Waffenreinigungsbox die eine Gewehrhalterung für diese Reinigungsarbeiten beinhaltet.
Vor Durchführung der eigentlichen Laufreinigung ist es wichtig, zuerst eine vorhandene optische Zielhilfe zu entfernen oder die Linsen so abzudecken, damit kein Öl zutreten kann.
Vor den Laufreinigungsarbeiten sprühe oder öle ich die Laufinnenwandung mit Ballistol ein und lasse dies 1 – 3 Std. (aus zeitlichen Gründen manchmal über Nacht) einwirken.
Die Nennung des Waffenöls soll hier keine Werbung darstellen. Es ist aber zweifelsfrei so, dass Ballistol über eine gute Reinigungseigenschaft im Laufinneren verfügt und sich leicht und rückstandsfrei wieder daraus entfernen lässt.
Für die Außenflächen der Waffe gibt es andere gute Konservierungsöle, deren Haftung im Lauf aber nicht erwünscht ist.
Zur inneren Laufreinigung wird die Waffe entsprechend gelagert, sodass man gut mit dem Putzstock die weiteren Arbeiten ausführen kann.
- Lösung der Ablagerungen mit der kaliberangepassten Bronzebürste. Dabei sollte keinesfalls bei der Laufmündung die Bewegungsrichtung umgekehrt werden. Die Bronzebürste aus der Laufmündung ausstoßen und erst dann die Bewegungsrichtung ändern oder, wer seine Waffe besonders schonen will die Bronzebürste abschrauben und erneut nur vom Lager in Richtung Laufmündung vorstoßen (empfohlen).
- Nach dem Lösen der Ablagerungen folgt die Endreinigung mit Seidenwerg (z.B. Sucolin), bei Schrotläufen unter Umständen auch mit einfachen Lappen.
Die Reinigung mit Sucolin erfolgt solange, bis dieses keine Verfärbung von Laufrückständen mehr aufweist und jedwedes Öl aus dem Laufinneren, Übergangskegel und Patronenlager entfernt ist.
Erfahrungsgemäß können Ölrückstände im Patronenlager größere Treffpunktabweichungen hervorrufen, als Öl im Lauf selbst. Durch Druck und heiße Pulvergase entstehen auch durch einen Ölfilm im Lauf zusätzliche unangenehme Ablagerungen! - Überprüfung, ob keine Fremdkörper (auch Seidenwergreste) im Lauf verblieben sind!
Was ist zu tun, wenn ein Lauf durch viele abgegebene Schüsse ohne Zwischenreinigung durch starke Ablagerungen beeinträchtigt ist?
Hier wird eine „chemischen Reinigung“ mit speziellen Laufreinigern erforderlich werden.
Die Waffenhändler halten hiefür eine Reihe von rückstandslösenden Mitteln bereit (z.B. Robla Solo Mil, Lupus Laufreiniger, Lupus Blei- und Pulverentferner usw.).
Vor deren Anwendung unbedingt die Gebrauchsanweisung beachten!
Das Laufreinigungsmittel wird im Laufinneren aufgebracht (bei Kugelläufen und besonders starker Ablagerung ev. Laufende beim Patronenlager verschließen und Lauf füllen) und über einen längeren Zeitraum einwirken gelassen. Erforderlichen Einwirkungszeitraum der Beschreibung entnehmen.
Danach entfernen und Lauf mit Bronzebürste reinigen. Weiterer Vorgang wie für Laufreinigung zuvor beschrieben.
Nach dem Lösen der Ablagerungen ist das Laufinnere unbedingt mit Waffenöl zu konservieren, da die meisten dieser Laufreinigungsmittel zu einer erhöhten Korrosionsgefahr an der Laufinnenwandung beitragen.
Vor dem Schießen ist dann aber das Öl im Laufinneren, Übergangskegel und Patronenlager wieder zu entfernen (mit Seidenwerg).
Die Anwendung bedarf besonderer Vorsicht:
- manche dieser „Lösungsmittel“ greifen die Brünierung an, daher keinesfalls mit Stahlaußenfläche der Waffe in Verbindung bringen
- insbesondere bei kombinierten Waffen darauf achten, dass diese Laufreinigungsmittel von Lötstellen der garnierten Läufe, Riemenbügelhalterungen, Kornsattel usw. ferngehalten werden.
Ich persönlich vermeide die Verwendung von ablagerungslösenden Chemikalien, indem ich nach jedem Waffengebrauch eine Laufreinigung in vor beschriebener Weise vornehme.
Äußere Waffenpflege:
Die äußere Waffenpflege der Metalloberflächen erfolgt am besten mit einem ölgetränkten weichen Tuch.
Überschüssiges Öl wird abgewischt, sodass nur ein dünner schützender Ölfilm übrigbleibt.
Hiefür eignen sich auch Öle mit einer stärkeren Haftung an der Oberfläche der Metallteile (z.B. Break Free, Lupus Waffenöl mit Teflon, Remington Waffenöl mit Teflon, Brunox, Guntec-Waffenöl, Fluna Gun Coating und viele andere mehr).
Jagdwaffen, die ich mehrmals wöchentlich in Verwendung habe, öle ich auch außen meist nur mit Ballistol ein (gut hautverträglich und geruchsfrei).
Nur bei längerer Nichtverwendung verwende ich Konservierungsöle mit erhöhter Haftung für die Metallaußenflächen. Die Laufinnenflächen schütze ich weiterhin mit Ballistol, weil dieses vor Jagdbeginn mit einem einfachen „Durchziehen“ schnell wieder entfernt werden kann.
Ausnahme: Das Jagdgewehr wird voraussichtlich bei extremem Schlechtwetter eingesetzt. Dann öle ich die äußeren Stahlteile der Waffe vorsorglich vor dem Reviergang mit einem der vorgenannten Konservierungsöle.
Erfahrungshinweis: WD-40 ist ein ausgezeichnetes Konservierungsöl für den Korrosionsschutz, hinterlässt aber auf vernickelten oder gebeizten Baskülen, Abzugbügeln usw. meist einen gelblichen Film, der nur (wen es stört) schwer wieder zu entfernen ist.
Pflege und Wartung der Waffenschlösser (Kipplaufwaffen) und Zylinderverschlüsse (Repetiergewehr).
An Blitzschlosse, Anson & Deeley-Schlosse o.ä. von Kipplaufwaffen kommt nur ein versierter Fachmann heran, ohne möglicherweise Schäden zu hinterlassen.
Wenn die Jagdwaffe Regen und besonderen Beanspruchungen bei ihrer Führung ausgesetzt wurde, ist es auf jeden Fall zweckmäßig und erforderlich, jährlich, oder zumindest jedes zweite Jahr das Schloss von einem Fachmann warten zu lassen, wenn Zuverlässigkeit und Wert der Waffe erhalten werden soll.
Wer eine (meist teure) Jagdwaffe mit herausnehmbaren Seitenschlossen besitzt, kann mit ein bisschen Geschicklichkeit die Pflege und Wartung selbst vornehmen.
Die Seitenschlosse sind nach Einsätzen der Jagdwaffe bei Regen oder 1x jährlich vom Basküle vorsichtig herauszunehmen, dünn mit nicht verharzendem Öl einzuölen (Ballistol ist hier nicht geeignet, entgegen der Herstellerbehauptung habe ich bei Ballistol Verharzungen festgestellt).
Vor dem Wiedereinbau der Seitenschlösser sollten auch die Anlageflächen der Seitenschlossplatten an das Basküle leicht eingeölt werden, damit sich in diesen feinen Spalten keine Feuchtigkeit ansammelt.
Es ist darauf zu achten, dass kein Waffenöl hinter dem Seitenschloss in das Schaftholz eingebracht wird. Das Holz könnte quellen und zufolge der meist sehr sorgfältigen Einpassung mit wenig Spielraum für Schlagstück, Abzug- und Sicherheitsfangstange usw. die Funktion des Seitenschlosses beeinträchtigen.
Zylinderverschlüsse von Repetiergewehren sind leicht zu pflegen. In der Regel genügt ein Überwischen mit einem ölgetränkten weichen Tuch und ein Reinigen des Stoßbodens mit Auswerferkralle von eventuellen Pulverresten.
Sollte sich Schmutz im Zündstiftkanal (es wurden auch schon Fichtennadeln hierin gefunden) oder an anderen Öffnungen des Zylinderverschlusses zeigen, ist der Verschluss zu zerlegen, zu reinigen und wie vor beschrieben mit nichtharzenden Ölen leicht einzuölen.
Das Zerlegen des Zylinderverschlusses ist bei den meisten älteren Repetiergewehren sehr einfach – man muss sich dies aber einmal von einem Fachmann zeigen lassen.
Wie führt man eine Schaftpflege durch?
Die Pflege von Schaftoberflächen ist nur bei Ölschäften möglich. Selbst nach dem Kauf einer neuen Waffe sollte die Schaftoberfläche bevor man die Waffe führt und ungünstiger Witterung aussetzt, mehrmals mit geeigneten Schaftölen (Balsin, Sherell’s o.ä.) behandelt werden.
Viele „Profi’s“ haben hier ihre eigenen Rezepte.
Ich nehme ein weiches Tuch, gebe darauf Schaftöl und reibe die Schaftoberfläche solange ein, bis diese glänzt und „trocken“ erscheint.
Schaftöl dick auf die Schaftoberfläche aufzubringen und einziehen zu lassen führt zu einer Art „Schlierenbildung“ mit rauem und unansehnlichem Aussehen.
Nach mehrmaliger Behandlung mit Schaftöl, poliere ich diese Flächen mit einem reinen Holz-Polieröl. Dies glättet die Oberfläche, hebt die Holzmaserung hervor und gibt dem Schaft Glanz.
Auch die Verwendung von WD-40 (obwohl nicht für Holz vorgesehen) mit zusätzlich etwas dünnerem Schaftöl oder Polieröl ergibt einen guten wasserabstoßenden Schutz der Schaftoberfläche.
Schaftöle nicht auf Metallteile der Waffe bringen. Das anhaftende Öl ist nur mit Mühe wieder zu entfernen (Fingernagel).
Einige weitere Tips zur Funktions- und Werterhaltung von Jagdwaffen:
Kipplaufwaffen müssen bei Gesellschaftsjagden aus Sicherheitsgründen offen (abgebrochen) getragen werden.
Staub und Schmutz lagert sich auch in den Scharnierbolzen und an der Anlagefläche des Vorderschaftes am Basküle an.
Bei jedem Schritt bewegen sich die beiden Hälften des Gewehres ständig in geringem oder größerem Umfang. Der anliegende Staub und Schmutz (der feinste Körner von Sand oder sonstigen harten Materialien enthält) reibt ständig an den Scharnierbolzen und sonstigen beweglichen Anliegeflächen.
Hierdurch entsteht schneller ein Spiel bei den Gelenkeinrichtungen einer Kipplaufwaffe als durch ein „Ausschießen“.
Daher nach jeder Gesellschaftsjagd die Kipplaufwaffe beim Gelenk auseinandernehmen, reinigen und die Gelenksflächen mit geeignetem Öl (z.B. teflonhaltige Öle) oder Waffenfett (ich verwende weißes Molykott) versehen.
Bei Riegeljagden, bei deren Gelegenheit auch Waldgebiete und schwierige Geländeabschnitte durchstreift werden müssen, eine höhere Schneelage auch das Hinfallen erleichtert usw. gebe ich über die Laufmündung meines Gewehres eine dünne Gummihaut (käuflich erwerbbar) oder, wenn mir diese nicht vorliegt, klebe ich eine Lage Isolierband über die Mündung.
Durch diese Abdeckung kann bedenkenlos geschossen werden, ohne die Trefferlage des Kugelschusses zu beeinträchtigen.
(Achtung: das gilt nicht für Abdeckungen durch Mündungsschoner aus massivem Leder!)
Dadurch wird der Lauf gegen Verschmutzungseintritt, Regenwassereintritt und gegen die Gefahr einer Verstopfung durch Schnee oder Bodenmaterial wenn man ausrutscht, geschützt.
Eine geringe Verstopfung, selbst durch Schnee, reicht für Laufsprengungen oder für Laufaufblähungen aus!