Auf dem Weg zur Dachmarke „Jagd Österreich“
Die Landesjägermeister-Konferenz hat im April 2016 den Startschuss zur Entwicklung einer Dachmarke „Jagd Österreich“ gegeben. Damit wurde der Weg frei, Schritt für Schritt eine gemeinsame Ausrichtung aller neun Landesjagdverbände auf österreichischer Ebene zu erarbeiten.
MMag. Dr. Peter Vogler (2017)
- „Das Bild der Jagd ist total verzerrt!“
- „Wir warten, bis uns der Blitz im Hintern einschlägt!“
- „Wir müssen uns in Richtung ‚moderne Interessensvertretung‘ entwickeln!“
Das sind nur einige wenige der – zugegebenermaßen etwas emotionaleren – Aussagen, die zu Beginn des Weges zur Dachmarke „Jagd Österreich“ vor etwas mehr als einem Jahr zu hören waren. Inzwischen ist viel passiert und auch schon einiges erarbeitet worden. Wir haben österreichweit nahezu 200 Experten, Funktionäre und Interessensvertreter beteiligt und strukturiert befragt. Erste handfeste Ergebnisse liegen vor, über die ab sofort stufenweise berichtet werden kann. Die Dachmarke „Jagd Österreich“ selbst wird im Herbst 2017 öffentlich vorgestellt.
Die Landesjägermeister-Konferenz hat im April 2016 den Startschuss zur Entwicklung einer Dachmarke „Jagd Österreich“ gegeben. Damit wurde der Weg frei, Schritt für Schritt eine gemeinsame Ausrichtung aller neun Landesjagdverbände auf österreichischer Ebene zu erarbeiten. Dem Vorschlag, diesem Vorhaben eine tiefgehende Situationsanalyse voranzustellen, haben die Landesjägermeister ebenso unisono zugestimmt. Ziel dieser Bestandserhebung war es vor allem, die Identitäten der Jagd in den neun Bundesländern zu ergründen. Das Gemeinsame und Verbindende sollte eine wesentliche Basis für die inhaltliche Festlegung der Dachmarke „Jagd Österreich“ sein.
Österreichweit nahezu einheitliches aktuelles Image der Jagd
Wohl wenig überraschend wird die Jagd in Österreich nach wie vor sehr stark mit „Tradition“ und „Brauchtum“ verbunden oder als „Kulturgut“ gesehen. An zweiter Stelle rangiert bei der Frage „Wofür steht die Jagd in Ihrem Bundesland aktuell?“ das „Wildtiermanagement“, auch im Sinne von Regulierung oder Biotop-Pflege. Gleich danach wird das „gesunde, hochwertige Wildbret“ als wesentlicher Image-Faktor genannt. Auffallend ist dabei, dass jagd-nahe Personen und Gruppen (z. B. Mitarbeiter oder Funktionäre der Landesjagdverbände bzw. Jagdschutzorgane) das in der Wichtigkeit gleich bewerten wie andere Interessensgruppen (z. B. Vertreter von Forst-/Landwirtschaft, NGOs oder Behörden).
Nur regional treten bei dieser Fragestellungen kleine Unterscheide auf. So wird die Jagd in Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark am ehesten noch mit „Tradition“ identifiziert, in Tirol mit dem „Wildtiermanagement“, in Kärnten und Niederösterreich mit dem „Wildbret“, in Wien und im Burgenland sowie in Vorarlberg mit Emotionen wie der „Freude“, dem „Glück“ und dem „Stolz“ bzw. dem „Naturerlebnis“ an sich. Negative Zuschreibungen erfolgen vor allem über die Begriffe „Fütterung und Aufhege“, „Trophäenjagd“, „gespaltene Jägerschaft“ sowie über Eigenschaftswörter wie „elitär“ oder „unmodern“. Negativ präsent sind zudem Bilder von Jägern mit großen Geländewagen oder vom Haustierabschuss.
Jagd-nahe Personen schätzen ihre Leistungen selbstkritischer ein
Spannend ist das Ergebnis zur Einschätzung, inwieweit die Jägerinnen und Jäger des jeweiligen Bundeslandes derzeit ihre gesellschaftliche Funktion bzw. ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen. Die jagd-nahen Gruppen tippen dabei vor allem auf Prozentsätze zwischen 50 und 75 Prozent, während die Mehrheit jagd-fernerer Personen mehrheitlich von höheren Werten zwischen 50 und 95 Prozent ausgeht. Gleichermaßen pessimistisch sind beide Befragungsgruppen bei der Einschätzung dieses Erfüllungsgrades von Seiten der Öffentlichkeit bzw. dabei vor allem der städtischen Bevölkerung. Hier fehle es beispielsweise an Information bzw. Öffentlichkeitsarbeit oder am Interesse in Bezug auf Jagd und Natur.
Inhaltlich definieren die jagd-nahen Gruppen den gesellschaftlichen Auftrag der Jagd in ihrem Bundesland nahezu einheitlich. An erster Stelle stehen dabei „Ökologie“ bzw. der „Naturschutz“, an zweiter bis vierter fast gleichauf das „Lebensraum-Management“, die „jagdwirtschaftliche Regulierung“ sowie die „Information und Aufklärung“ bzw. die „Naturvermittlung“. Erst dann folgen die Pflege des Brauchtums und der Traditionen, die Zurverfügungstellung von gesundem und hochwertigem Wildbret, der Erhalt gesunder, artenreicher und angepasster Wildbestände sowie die Wildtierhygiene, wozu in diesem Fall auch die Entsorgung von Fallwild oder die Tierseuchenbekämpfung zu rechnen ist.
Unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf die Zukunftsausrichtung
Eine Herausforderung für die Entwicklung einer österreichweit akzeptierten Dachmarke stellen die teils unterschiedlichen Vorstellungen zur Zukunftsausrichtung der Jagd dar. So wollen jagd-nahe Gruppen bis 2020/2025 vor allem das hochwertige Wildbret, die nachhaltige Jagd, das positive Lebensgefühl sowie die Tradition und das Brauchtum im Vordergrund sehen. Vertreter jagd-fernerer Interessensgruppen verbinden die Jagd zwar auch weiterhin gerne mit hochwertigem Wildbret, schreiben ihr aber zudem eher eine Rolle als angewandter Naturschützer bzw. Bewahrer von Ökologie und Biodiversität zu. Intern wie extern gewünscht ist mehr Anerkennung für die Jagd als Teil der Gesellschaft.
Sehr unterschiedlich wird das Bild zur Zukunftsausrichtung (Soll-Image) der Jagd in Österreich, wenn man die regionalen Präferenzen pro Bundesland zu Rate zieht. Hier reicht die Palette von „Naturschutz/Ökologie“ über „positive Emotionen“, „Anerkennung als Teil der Gesellschaft“, „Tradition“, „Lebensraum-Management“ bis hin zur „nachhaltigen Jagd“ oder „Wildbret“, wofür die Jagd in Österreich künftig in erster Linie stehen soll. Ebenso unterschiedlich sind die Erwartungen in Bezug auf das, wofür die Jagd in Zukunft NICHT stehen soll: „Elite-/Reichensport“, „Gatter/Zucht“, „Trophäenkult“, „Schädlingsbekämpfung“ oder „jagdlicher Schießsport“, um nur die häufigsten Nennungen zu erwähnen.
Fazit und Ausblick
Ein zentrales Ergebnis der Situationsanalyse ist also, dass zwar aktuell eine stark ausgeprägte und großteils einheitliche Identität der Jagd in Österreich besteht. Dennoch existieren in Bezug auf die Frage der Zukunftsausrichtung österreichweit sowie intern wie extern stark unterschiedliche Erwartungen. Diese nun veröffentlichten Ergebnisse der Datenerhebung waren nur ein, jedoch ein wesentlicher Bestandteil der Bestandserhebung bzw. für das bereits erarbeitete Stärken-Schwächen-Profil der Jagd in Österreich. Letzteres wiederum bildete neben den drei Workshops mit Spitzenvertretern der neun Landesjagdverbände die Grundlage für die gemeinsame Definition der Dachmarke „Jagd Österreich“. Details dazu können aber erst im Herbst veröffentlicht werden, wenn die strukturellen Anpassungen zur Umsetzung der Dachmarke bereits eingeleitet sind.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann aber schon gesagt werden, dass sich die Jagd in Österreich neben der Land- und Forstwirtschaft als eine der wesentlichen und unverzichtbaren Säulen der nachhaltigen Landnutzung positionieren wird. Dazu gilt es, die vier Kern-Leistungsbereiche „nachhaltige Jagdwirtschaft“, „Gesundes, hochwertiges Wildbret“, „Lebensraum-Management“ bzw. „Beitrag zum Naturschutz“ sowie „Tradition & Brauchtum“ bzw. „Information & Aufklärung“ konsequent in den Vordergrund zu spielen. Diese Alleinstellungsmerkmale werden demnächst als Visionsbild der „Jagd Österreich“ in einem Markensteuerrad und einer Charta „Jagd Österreich“ erstmals ausformuliert zur Verfügung stehen. In dieser letzten Prozessphase kommt es jetzt darauf an, daraus abgeleitete, dringend notwendige kommunikative, strukturelle und substanzielle Veränderungen anzustoßen und sukzessive anzugehen, damit die Jagd auch in Österreich weiterhin zukunftsfähig bleiben kann.
Autoren-Information:
MMag. Dr. Peter Vogler berät und begleitet seit über 25 Jahren Unternehmen und Organisationen in Fragen der Markenentwicklung, Kommunikation und PR. Er ist Wirtschaftstrainer und Universitätslektor sowie Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen im deutschsprachigen Raum.