Forst & Jagd-Dialog präsentiert 9. Jahresbilanz
Die jüngsten Ergebnisse des Wildeinflussmonitorings und der Österreichischen Waldinventur führen uns den Handlungsbedarf deutlich vor Augen.
Mariazeller Erklärung Basis für ausgeglichene Wald-Wildverhältnisse in ganz Österreich. Die Spitzenrepräsentanten der österreichischen Jagd- und Forstorganisationen unterstützen die notwendigen Bemühungen, die auch ergebnisverbindliche Vereinbarungen und Anstrengungen auf allen Ebenen erfordern. Die jüngsten Ergebnisse des Wildeinflussmonitorings und der Österreichischen Waldinventur führen uns den Handlungsbedarf deutlich vor Augen. „Die Österreichische Waldinventur (ÖWI) und das Wildeinflussmonitoring (WEM) liefern Ergebnisse, die außer Streit stehen. Ihre Interpretation und die Vereinbarung adäquater Lösungsstrategien haben gemeinsam mit Augenmaß und Realitätsnähe auf allen Ebenen zu erfolgen. Die Wissenschaft hat hierbei und auch bei weiteren Methodenentwicklungen entsprechend Hilfestellung zu geben“, so heißt es dazu in der 2012 unterzeichneten „Mariazeller Erklärung“.
Das fachlich vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) und Jagd Österreich begleitete WEM liefert bereits seit dem Jahr 2004 österreichweit Daten über den Wildeinfluss auf die Waldverjüngung. Dieses Monitoringsystem wurde vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) in enger Abstimmung mit den Landesforstdiensten und im Konsens mit der Jägerschaft entwickelt. Die Erhebungen und deren Auswertungen beruhen auf modernen, wissenschaftlich anerkannten Methoden, die laufend evaluiert und bei Bedarf weiterentwickelt werden. Zu Beginn der Aufnahmeperiode 2016-2018 wurden beim WEM notwendige Adaptierungen vorgenommen, um die Aussagekraft bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Datenzeitreihen noch weiter zu verbessern. Bei der Bewertung der Ergebnisse geht es insbesondere um Entwicklungstrends auf Bezirksebene. Alle Monitoringergebnisse benötigen gemeinsame Interpretationen, die letztlich in revierbezogenen Beurteilungen einfließen sollen. In der fachlich zuständigen Arbeitsgruppe 2 werden daher probeweise für zwei ausgewählte Bezirke die Resultate im Hinblick auf regionale Abweichungen analysiert und dabei für ausgeglichene Wald-Wildverhältnisse hemmende und fördernde Faktoren identifiziert. Wir wollen dabei gemeinsam alle demotivierende Faktoren bestmöglich ausschalten und die Wildtierlebensräume anhand von geeigneten ökologischen Raumplanungsmethoden beurteilen und daraus Handlungsempfehlungen entwickeln.
Durch gemeinsame Bemühungen erreichten wir folgende Meilensteine:
- Anerkennung der Systemrelevanz der Jagd während der Coronapandemie
- Hohe Akzeptanz und gute Umsetzung des Waldfonds zur Entwicklung klimafitter Wälder und Schadensprävention
- Etablierung des Zertifikatslehrgangs Wald & Jagdpädagoge
- Modernisierung der Berufsjägerausbildung
Verstärkter Einbezug der Jagdbehörden und Erweiterung des Boards
Wir haben Optimierungsmöglichkeiten beim Fachdialog zwischen Forst & Jagd und den zuständigen die jagd- und forstgesetzlichen Bestimmungen vollziehenden Behörden identifiziert. Es wurde daher die Einbindung der zuständigen ExpertenInnen in den Forst & Jagd Dialog insbesondere in der Arbeitsgruppe 3 und im Board verbessert. Darüber hinaus wurde beschlossen, dass nunmehr nach Einbindung des Österreichischen Landarbeiterkammertages auch die Österreichische Berufsjägervereinigung eingeladen wird, mit Sitz und Stimme in den Gremien unseres Dialogs vertreten zu sein. Damit ist ein wichtiger Schulterschluss mit den Organisationen gelungen, welche die in der Jagdwirtschaft Berufstätigen vertreten und zur Professionalisierung des Wald- und Jagdmanagements entscheidend beitragen.
Neue Empfehlungen für Überwinterungskonzepte (Rotwild) Schalenwild betreffend:
Insbesondere aufgrund der umfangreichen Diskussionen infolge der regional hohen Schneelagen wurden eine Entscheidungshilfe für die Wahl eines Überwinterungskonzeptes für Rotwild ausgearbeitet und in den Fachmedien als Hilfestellung für die praktische Anwendung publiziert. Rotwild stellt besondere Ansprüche an ein großräumig abgestimmtes Management der Populationen und ihrer Lebensräume. Dabei spielt eine wesentliche Rolle, wo sich die Tiere während des Winters aufhalten.
Ziel ist es, in einer intensiv vom Menschen genutzten Kulturlandschaft dem Rotwild einen angemessenen Stellenwert einzuräumen, der einerseits nachhaltig überlebensfähige, gesunde und gut vernetzte Populationen mit guter Sozialstruktur und andererseits die Entwicklung gesunder Waldbestände ermöglicht. Unter Berücksichtigung der einzelnen Nutzungsinteressen in einer Kulturlandschaft (Eigentümerinteressen, öffentliches Interesse z.B.: Schutz vor Naturgefahren, Sicherstellung Trinkwasserressourcen, Freizeitnutzung, Biodiversität etc.) sind Lebensräume für das Rotwild zu erhalten und Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft, die über einen verträglichen Wildeinfluss hinausgehen, zu vermeiden. Der Überwinterung und räumlichen Lenkung des Rotwildes kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, zusätzlich zur Regulierung der Wildbestandshöhe und der Wildschadenanfälligkeit der Lebensräume.
Nach einer kurzen Beschreibung der Ausgangslage werden bekannte Rotwild-Überwinterungskonzepte in Österreich und aus dem benachbarten Ausland skizziert.
Anschließend wird auf mögliche Auswirkungen verschiedener Überwinterungskonzepte eingegangen, und es werden generelle Grundsätze zur Rotwild-Überwinterung zusammengefasst. Danach erfolgen Empfehlungen zum systematischen Vorgehen bei der Prüfung und Planung von Überwinterungskonzepten für Rotwild (Planungsschema).
Zusätzliche Informationen sind in drei Anhängen enthalten. Auf offene Fragen und weiteren Informationsbedarf wird hingewiesen. Themenbezogene Literatur wird zur Verfügung gestellt (pdf-Dateien).
Die vorliegenden Entscheidungsgrundlagen und das Planungsschema richten sich vor allem an Entscheidungsträger auf Ebene der Grundeigentümer, Jagdausübungsberechtigten, Interessensvertretungen (Land- und Forstwirtschaft, Jägerschaft, Freizeitaktivitäten /Tourismus etc.) und Behörden.
Schutz vor Naturgefahren und Jagdausübung
Flächenwirtschaftliche Projekte (FWP) der Wildbach und Lawinenverbauung dienen der Gewährleistung oder Wiederherstellung der Schutzwirkung des forstlichen Bewuchses zur Sicherung von Menschenleben im Siedlungsgebiet und wichtiger Infrastrukturen.
Sie beinhalten waldbauliche und technische Maßnahmen in Objektschutzwäldern. Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass einerseits diese Projekte in den Lebensräumen von heimischen Wildarten stattfinden und andererseits ausgeglichene Wald-Wildverhältnisse einen ganz wesentlichen Erfolgsfaktor darstellen.
Integral gedachte Kriterien sollen künftig noch klarer die Grenzen abstecken, unter welchen Bedingungen ein Flächenwirtschaftliches Projekt initiiert, genehmigt, durchgeführt oder auch ruhendgestellt werden kann. Das Interesse zur Durchführung eines solchen Projektes zur Verbesserung der Schutzwirkung der Bestände sowie zur Schaffung ausgeglichener Wald & Wildverhältnisse wird von Seiten der Grundeigentümer*innen, der Jagdausübungsberechtigten und der Interessent*innen mitgetragen.
In einer eigens vom BML eingerichteten Arbeitsgruppe „Investitions- und Förderkriterien in FWP“ sind die umfassenden Expertisen des Forst & Jagd Dialogs eingeflossen. Es wurde eine ein Entwurf über die „Rahmenbedingungen eines Flächenwirtschaftlichen Projektes“ entwickelt, der nun nach Genehmigung in die Technische Richtlinie der Wildbach- und Lawinenverbauung integriert werden soll.
Um künftig bessere Voraussetzungen für die Umsetzung von Flächenwirtschaftlichen Projekten (FWP) zu schaffen, sollen nun „Flächenwirtschaftliche Vorprojekte“ (FVP) optional erstellt werden. Diese sind als explizite Serviceleistung für die Interessenten gedacht, mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen auf der Projektfläche so zu gestalten, dass die eigentlichen Maßnahmen im FWP auch nachhaltig umgesetzt und sichergestellt werden können. Notwendige Vereinbarungen mit allen Beteiligten sollen herbeigeführt werden.
Konkrete Maßnahmen im Vorprojekt sind beispielsweise die Erstellung eines waldbaulichen und wildökologischen Prüfschemas insbesondere hinsichtlich des wildökologischen IST Zustandes (beispielsweise Wildverteilung (jahreszeitlich), die Wildbestandshöhe, die Wildschadenssituation, Freizeitaktivitäten – Störung des Wildes), die Darstellung komplexer Sachverhalte im Rahmen einer integralen Regionalstudie, die Vorplanung und Ermöglichung von Lenkungskonzepten unter Berücksichtigung und Einbindung der Land- und Forstwirtschaft, der Jagd, der Freizeitnutzung etc. Als Beispiele können Wildruhezonen, Bau von Reviereinrichtungen, Anlegen von Äsungsflächen, Lenkung der Freizeitaktivitäten, großräumige Betrachtung im Rahmen einer Wildökologischen Raumplanung, fachliche Unterstützung in der Entwicklung einer Jagdstrategie der örtlich zuständigen Jagdausübungsberechtigten durch externes Fachpersonal etc. genannt werden.
Das Flächenwirtschaftliche Vorprojekt hat eine Laufzeit von max. 3 Jahren. Die Kosten werden von der öffentlichen Hand getragen, wobei oben genannte Maßnahmen als Planungsleistung nach Bestimmungen des Wasserbautenförderungsgesetzes umgesetzt werden. Gelingt es mit den Maßnahmen des FVP nicht, Rahmenbedingungen für einen hohen Umsetzungserfolg eines potentiell nachfolgenden FWP zu schaffen, kann kein FWP initiiert werden.
Bei akutem Handlungsbedarf nach Elementarereignissen entfällt das FVP und dessen Maßnahmen werden im Rahmen des FWP zu Beginn gesetzt.
Projekt „Integrales Wild- und Waldmanagement“ im Rahmen des Programms Ländliche Entwicklung initiiert.
Die Umsetzung erfolgt in Zusammenarbeit des Bundesforschungszentrums Wald und führenden forst- und jagdtechnischen und ökologischen Experten.
Resultierend aus den rasanten Klimaveränderungen und wachsender Wildbestände, welche die Waldverjüngung maßgeblich beeinflussen, sollen in Zusammenarbeit mit österreichischen Forstbetrieben Erfolgsmodelle identifiziert und beworben, sowie konkrete Handlungsanleitungen für WaldbewirtschafterInnen und Jagdausübende zur Verfügung gestellt werden.
Um die Ergebnisse der Auswertungen und Handlungsempfehlungen bestmöglich abzusichern, wurden die jeweiligen bezirksbezogenen WEM – Ergebnisse mit den Resultaten der auf Revierebene angewendeten Methodik verglichen. Dabei wurden weitere wichtige revierbezogene Faktoren wie u. A. der Wildökologische Bestandestyp, die Waldstruktur- und Schichtung, das natürliche Baumartenangebot, potenzielle Samenbäume berücksichtigt und dokumentiert. Die Wilddichtenerhebung wurde mithilfe von Fotofallen durchgeführt. Die resultierenden Ergebnisse der forstlichen und wildökologischen Aufnahmen wurden in einem ausführlichen Bericht mit Handlungsempfehlungen den Forstrevieren bereitgestellt und die Gesamtergebnisse werden publiziert und evaluiert.
Mit den hier berichteten Maßnahmen und unseren weiteren Bemühungen wollen wir unsere gemeinsame Verantwortung wahrnehmen und wichtige Beiträge für die Durchsetzung ausgeglichener Wald -Wildverhältnisse leisten.